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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 03.05.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 43/06
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

ArbGG §§ 64 ff.
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO §§ 512 ff.
BGB § 823
BGB § 847 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Sa 43/06

Entscheidung vom 03.05.2006

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 12.12.2005, Az. 8 Ca 1715/05 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Leistung von Schmerzensgeld wegen eines Mobbingsverhaltens.

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 12.12.2005 (dort S. 2 f. = Bl. 261 f. d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat mit Urteil vom 12.12.2005 (Bl. 260 ff. d. A.) die Klage als unbegründet abgewiesen, da es der Klägerin nicht gelungen sei, das behauptete Mobbingverhalten der drei Beklagten schlüssig vorzutragen. So habe sie keine Tatsachen darzulegen vermocht, aus denen sich eine schwerwiegende Verletzung ihres Persönlichkeitsrechtes ergeben habe (vgl. zu den einzelnen Vorwürfen: Ziff. 1. - 18. der Entscheidungsgründe = Bl. 263 ff. d. A.).

Darüber hinaus habe die Klägerin auch die Möglichkeit gehabt, Genugtuung durch notfalls gerichtlich durchsetzbare Unterlassung, Widerruf oder Gegendarstellung zu erlangen. Bezogen auf den Zeitraum des behaupteten Mobbingverhaltens der Beklagten - nämlich seit dem Jahr 1997 - habe die Kläger nicht gerade häufige Vorfälle vorgetragen, die zudem größtenteils nur als Lappalien zu bezeichnen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf S. 3 ff. des erstinstanzlichen Urteiles (= Bl. 262 ff. d. A.) verwiesen.

Die Klägerin, der das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am 21.12.2005 zugestellt worden ist, hat am 13.01.2006 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 10.03.2006 ihr Rechtsmittel begründet nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 10.03.2006 verlängert worden war.

Die Klägerin macht geltend,

das Arbeitsgericht habe lediglich Einzelbetrachtungen zu den von ihr vorgetragenen Fällen durchgeführt, ohne die notwendige Gesamtschau anzustellen. Eine derartige Gesamtschau hätte das schmerzensgeldpflichtige Mobbingverhalten der drei Beklagten schlüssig ergeben. Soweit sie erstinstanzlich Vorfälle geschildert habe, bei denen es zu Rechtsverletzungen bei anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Beklagten zu 3. gekommen sei, habe sie nicht Eingriffe in eigene Rechte darlegen, sondern lediglich die Grundhaltung der Beklagten untermauern wollen.

Im Übrigen wiederholt die Klägerin im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf ihre Schriftsätze vom 08.03.2006 (Bl. 286 ff. d. A.) und 26.04.2006 (Bl. 424 ff. d. A.) verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

das mit der Berufung angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 12.12.2005, Az. 8 Ca 1715/05 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzengeld zu bezahlen.

Die Beklagten zu 1. bis 3. beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten zu 1. bis 3. führen aus,

das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichtes sei rechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsvorbringen der Klägerin sei unstubstantiiert und unschlüssig, so dass nach wie vor ein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht erkennbar und ein Schmerzensgeldanspruch ausgeschlossen sei. Im Übrigen werde der Sachvortrag der Klägerin bestritten; wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 13.04.2006 (Bl. 370 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gem. §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Der Klägerin steht gegen keine der drei Beklagten ein Anspruch auf Leistung von Schmerzensgeld nach §§ 847 Abs. 1, 823 BGB wegen eines Mobbingverhaltens dem Grunde nach zu.

Zwar ist das durch Art. 1 und 2 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht auch im Privatrechtsverkehr und damit im beruflichen und arbeitsvertraglichen Bereich zu beachten (vgl. BAG, Urteil vom 29.10.1997 - 5 AZR 508/95 = NZA 1998, 307). Wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsrechtes kann aber Ersatz des immateriellen Schadens in Geld nur verlangt werden, wenn es sich um eine schwerwiegende Verletzung handelt und wenn Genugtuung durch Unterlassung, Widerruf oder Gegendarstellung auf andere Weise nicht zu erreichen ist (vgl. BAG, Urteil vom 29.04.1983 - 7 AZR 678/79 = JURIS). Das durch Art. 1 und 2 GG eingeräumte Recht auf Achtung der Menschenwürde und der freien Entfaltung der Persönlichkeit schützt auch einen Arbeitnehmer, der sich einem Verhalten von Arbeitgeber oder Arbeitskollegen gegenüber sieht, das als Mobbing zu bezeichnen ist. Das Bundesarbeitsgericht versteht unter Mobbing das systematische Anfeinden, Schikanieren und Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetze (vgl. Beschluss vom 15.01.1997 - 7 ABR 14/96 = AP Nr. 118 zu § 37 BetrVG 1972).

Ob ein demnach erforderliches systematisches Anfeinden, Schikanieren und Diskriminieren vorliegt, hängt immer von den Umständen des Einzelfalles ab. Dabei ist eine Abgrenzung zu dem in einem Betrieb im allgemeinen üblichen oder rechtlich erlaubten und deshalb hinzunehmenden Verhalten erforderlich. Nicht jede Auseinandersetzung oder Meinungsverschiedenheit zwischen Kollegen und/oder Vorgesetzten und Untergebenen erfüllt den Begriff des Mobbings (vgl. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.03.2002 - 3 Sa 1/02 = DB 2002, 1056).

Das Arbeitsgericht Ludwighafen hat, wenn die vorgestehenen Rechtsgrundsätze angewendet werden, im vorliegenden Fall zu Recht festgestellt, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht durch ein Mobbingverhalten der Beklagten zu 1. bis 3. verletzt worden ist. Auf die der Sache nach zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts Ludwigshafen in seinen Entscheidungsgründen vom 12.12.2005 wird Bezug genommen; da die Klägerin im Rahmen des zweitinstanzlichen Verfahrens - bis auf die Rüge der fehlenden Gesamtwürdigung - im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag wiederholt hat, sieht die Berufungskammer keinen Anlass die Ausführungen des Arbeitsgerichtes im Rahmen einer Wiederholung noch einmal darzustellen; hierauf wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG verzichtet.

Ergänzend ist lediglich hervorzuheben, dass die Klägerin zahlreiche Verhaltensweisen der Beklagten zu 1. bis 3. als einen Angriff auf ihre Person empfindet, ohne das ein derartiger Angriff in schlüssiger Weise objektiv erkennbar ist. So wendet sie sich beispielsweise gegen Rügen, welche die Beklagte zu 1. oder andere vorgesetzte Mitarbeiter der Beklagten zu 3. ausgesprochen haben. Das Vorliegen von Arbeitsfehlern, wegen der diese Rügen erfolgt sind, ist aber weitgehend unstreitig (z. B. fehlerhafte Ausstellung eines Reisepasses am 17.06.2004; fehlerhafte Bearbeitung von Anträgen auf Wohngeldberechtigungsscheine vom 02.06. und 15.06.2004), so dass keine Rechtsgutsverletzungen durch die Beklagte zu 1. oder die Beklagte zu 3. aus objektiver Sicht vorliegen.

Während der mündlichen Berufungsverhandlung hat die Klägerin mündlich ausgeführt, dass insbesondere die Nichtberücksichtigung ihres Wunsches nach Umsetzung in ein anderes Team des Bürgerbüros zu der aus ihrer Sicht gegebenen Mobbingsituation geführt habe. Bereits mit Urteil vom 13.04.2005 (Az. 9 Sa 932/04) hat aber die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichtes Rheinland-Pfalz festgestellt, dass die Klägerin, aufgrund des vorliegenden schriftlichen Arbeitsvertrages vom 25.07.1973 keinen Rechtsanspruch auf eine Beschäftigung in dem Bürgerbüro hat. Erst recht gilt dies dann für die Beschäftigung der Klägerin in einem bestimmten Team dieses Bürgerbüros.

Unabhängig hiervon führte die Beklagte zu 1. während der mündlichen Berufungsverhandlung aus, dass für die Zusammensetzung der Teams in dem Bürgerbüro unter anderem die Kombination von Arbeitnehmern, die auf Erholungsurlaub während der Schulferien angewiesen sind und solchen, die dies nicht sind, im Hinblick auf reibungslose Vertretungsmöglichkeiten erfolgte.

Mithin bestand weder ein Rechtsanspruch der Klägerin auf Umsetzung noch handelten die Beklagten zu 1. und 3. willkürlich oder gar schikanös bei der Teambildung. Auch dass die Beklagten zu 1. und 3. versuchten, die Personalstruktur in den Teams so weitgehend wie möglich aufrecht zu erhalten, kann ihnen, angesichts nachvollziehbarer Erwägungen zu Vertretungsfällen, nicht vorgeworfen werden.

Wenn die Klägerin rügt, das Arbeitsgericht habe bei der Schlüssigkeitsprüfung keine Gesamtwürdigung der von ihr vorgetragenen Einzelfälle vorgenommen, handelt es sich um den einzigen - gegenüber dem erstinstanzlichen Sachvortrag - neuen Gesichtspunkt. Insoweit ist zwar zutreffend, dass bei der Prüfung einer Rechtsverletzung im Zusammenhang mit Mobbing die vorliegenden Einzelfallumstände auch in ihrer Gesamtheit zu würdigen sind. Vorliegend ergibt aber eine derartige Gesamtwürdigung des klägerischen Vortrages keine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung, zumal die behaupteten Einzelfälle - wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend hervorgehoben hat - über den verhältnismäßig langen Zeitraum von 1997 bis 2004 geltend gemacht werden und es sich durchweg um Probleme, Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten handelt, die im Arbeitsalltag regelmäßig vorkommen, aber letztlich auch in ihrer Gesamtheit, nicht von einem solchem Gewicht sind, dass ein schwer Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin vorläge und dementsprechend ein Schmerzensgeldanspruch berechtigt wäre.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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